Starke Frauen? Adelige Damen im Südwesten des spätmittelalterlichen Reiches

2020 fand im Hauptstaatsarchiv Stuttgart eine interdisziplinäre Tagung statt, die eine breite kulturhistorische Annäherung an das höfische Umfeld "starker Frauen" unternahm. Dabei rückten die herrschaftliche Repräsentation adeliger Damen im Südwesten des Reiches sowie ihre internationalen Verbindungen in den Blickpunkt. Vor allem die engen Kontakte zwischen dem deutschen Südwesten, Oberitalien und Savoyen/Burgund im späten Mittelalter wurden beleuchtet; im Zentrum stand Margarethe von Savoyen (1420–1479), die Tochter den (Gegen-)Papstes Felix V.
Der druckfrische Band wird der Öffentlichkeit präsentiert. Prof. Dr. Jörg Peltzer, Heidelberg, wird über dynastische Heiratsstrategien, Handlungsspielräume und Netzwerke adeliger Damen des spätmittelalterlichen Reiches sprechen.

Prof. Dr. Jörg Robert, Tübingen: Die Aktualität der Toleranz – Reuchlin-Bilder von der Aufklärung bis heute

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Bei dem Vortrag, der gemeinsam mit dm Hauptstaatsarchiv im Rahmen des Reuchlin-Jubiläums angeboten wird, geht es um die Reuchlin-Bilder und die Reuchlin-Rezeption von der Aufklärung bis heute, die vor allem durch die Auseinandersetzung mit der Toleranz geprägt sind. Wie kaum ein anderer Gelehrter und Humanist steht Johannes Reuchlin zumal im deutschen Südwesten zwischen Mittelalter und Neuzeit und für einen toleranten, offenen Umgang mit Andersdenkenden und Andersgläubigen. Besonders sein entschiedenes Eintreten für die jüdischen Überlieferung und Tradition im sogenannten "Judenbücherstreit" war von nachhaltiger Bedeutung im politischen und gesellschaftlichen Kontext seiner Zeit und sollte sein Bild noch bis heute prägen.

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Prof. Dr. Marta Fata, Tübingen: 300 Jahre Auswanderung der Donauschwaben nach Ungarn

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Betrachtet man die Auswanderung insbesondere aus dem deutschen Südwesten im 18. Jahrhundert, so war Ungarn mit etwa 300.000 bis 400.000 Einwanderern aus dem Alten Reich eines der wichtigsten Einwanderungsgebiete für Deutsche. Die von Ulm aus schiffbare Donau bot einen schnellen und sicheren Transportweg, und so war es nicht verwunderlich, dass sich die ersten deutschen Einwanderer in Orten an der Donau oder in der Nähe des Flusses niederließen. Als Bauern und Handwerker waren sie im alten Ungarn überall geschätzt, denn sie brachten nicht nur neues Wissen, sondern meist auch ein eigenes kleines Startkapital mit. Das 1722/23 erlassene ungarische Einwanderungsgesetz regelte die Ansiedlung deutscher Kolonisten. Der Vortrag widmet sich der bedeutenden Einwanderung nach Ungarn und ihren politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen. – Vortrag in Kooperation mit dem Haus der Heimat Baden-Württemberg.

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Dr. Michael Hoffmann, Ellwangen: Vor 75 Jahren: Als die Bundesrepublik Deutschland im württembergischen Ellwangen entstand – der Ellwanger Kreis der CDU/CSU und das Grundgesetz 1947-1949

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Warum haben die "Bundesländer" so viel Einfluss in unserem Staat, und woher stammt eigentlich die Bezeichnung "Bundesrepublik Deutschland"? Diese und andere Fragen werden in dem mit zeitgenössischen Bildern illustrierten Vortrag aufgegriffen, der sich mit der Entstehung und Bedeutung des sogenannten Ellwanger Kreises der CDU/CSU 1947–1949 beschäftigt. Dieser Freundeskreis, zu dem namhafte Politiker wie der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard, die württembergischen Minister Joseph Beyerle, Gebhard Müller und Wilhelm Simpfendörfer und der badische Minister Heinrich Köhler gehörten, entstand 1947 aus der Bemühung heraus, die verschiedenen Landesparteien der Union auf der Ebene der Besatzungszonen zu koordinieren und eine gemeinsame Verfassungsposition zu erarbeiten. In Konkurrenz mit den anderen Parteien, aber auch mit dem Adenauer-Flügel der CDU der britischen Zone, entstand aus diesem Kreis heraus ein erster stark föderalistisch ausgerichteter Verfassungsentwurf, der – wie gezeigt werden wird – großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Grundgesetzes hatte. – Vortrag in Kooperation mit der Adenauer-Stiftung e.V., Politisches Bildungsforum Baden-Württemberg.

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Prof. Dr. Horst Carl, Gießen: Mittelalterliches Relikt oder zukunftsweisendes Modell? Der Schwäbische Bund als Landesfriedenswahrer im Heiligen Römischen Reich

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Der Schwäbische Bund, 1488 als Zusammenschluss schwäbischer Reichsstände gegründet, wird sicherlich in den Bauernkriegsjubiläen 2025 wieder zu einiger Bekanntheit gelangen, da es vor allem das von ihm organisierte Heer gewesen ist, das den Bauernaufstand in Württemberg und Franken blutig beendete. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, darauf seine geschichtliche Bedeutung einzugrenzen. In den knapp 50 Jahren seines Bestehens bis 1534 hat der Schwäbische Bund die südwestdeutsche Geschichte in vielerlei Hinsicht geprägt; mit seiner Organisation föderativer Landfriedenswahrung hat er aber auch die Umgestaltung des Heiligen Römischen Reiches beschleunigt. Seine landesgeschichtlichen Wirkungen hingegen sind nicht nur wegen Bauernkrieg und Reformation umstritten. Der Vortrag möchte die Bedeutung dieser verfassungsgeschichtlich bedeutendsten Einung der älteren deutschen Geschichte in Erinnerung rufen.

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Dr. Annika Stello, Karlsruhe: Verschlungene Wege – Reuchlins Bücher und ihr Nachleben

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Die Bibliothek des Philologen und Humanisten Johannes Reuchlin war schon zu seinen Lebzeiten berühmt. Insbesondere seine Sammlung griechischer und hebräischer Bücher erregte das Interesse der Gelehrten. Waren bereits die Wege dieser Bücher in Reuchlins Besitz vielfältig und nicht immer geradlinig, so erlebte seine Sammlung in den folgenden Jahrhunderten ein noch bewegteres Schicksal. Wenngleich nicht völlig ungewöhnlich, ist das Nachleben der Reuchlinischen Bibliothek doch erstaunlich gut dokumentiert. So lassen sich die verschlungenen Wege von Reuchlins Quellen über spätere Benutzer bis hin zu heutigen Standorten für die Sammlung, aber auch für einzelne Bücher über 500 Jahre fast vollständig nachzeichnen.
Dr. Annika Stello ist Referentin für Historische Bestände in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.

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Dr. Erwin Frauenknecht, Stuttgart: Schirm, Schutz und Rivalität. Das Kloster Maulbronn, die Pfalzgrafschaft und Württemberg im späten Mittelalter

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Das mächtige Zisterzienserkloster Maulbronn benötigte, wie im Mittelalter üblich, für seine weltlichen Belange einen Vogt. Dieser meist adelige Vertreter sollte für "Schutz und Schirm" sorgen, und häufig wandelte sich die Vogtei zu einem politischen Instrument. Das Kloster Maulbronn geriet im 15. Jahrhundert immer mehr in den spannungsgeladenen Konflikt zwischen der Kurpfalz und der Grafschaft Württemberg. Maulbronn wurde zunehmend Zankapfel zwischen beiden Territorien. Der Vortrag beleuchtet die wechselvolle Rivalität um das Kloster in jener Zeit.

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Fragmentum – Liturgische Musik des Mittelalters auf Einbandfragmenten

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Als durch die Einführung der Reformation viele liturgisch-musikalischen Handschriften in württembergischen Klöstern und Stiften ihre Funktion verloren, wurden sie häufig zerschnitten und wegen des wertvollen Pergaments als Einbände für Amtsbücher weiterverwendet. Fünf Jahre, von 2017 bis 2022, förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Projekt am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Tübingen zur Erschließung solcher Einbandfragmente im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, im Staatsarchiv Ludwigsburg und in der Württembergischen Landesbibliothek. Insgesamt wurden ca. 1.700 Fragmente erstmals systematisch erfasst, erschlossen, digitalisiert und online gestellt. Das Projekt bietet damit neue Erkenntnisse über die bisher nur ansatzweise bekannte mittelalterliche Musikkultur württembergischer Klöster und Stifte.
Bei dem Vortragsabend gibt das Projektteam Einblick in die Arbeitsweise des Projekts und präsentiert besonders interesante Funde. Da die Fragemente ursprünglich zur musikalischen Gestaltung der Liturgie dienten, werden einge davon auch an diesem Abend zum Klingen gebracht.
Ausführende: Prof. Dr. Stefan Morent, Dr. Waltraud Götz, Michael Braunger; als Gast: Samuel Schick M. A.

Dr. Gudrun Emberger, Prof. Dr. Robert Kretzschmar: Zeugnisse des Unrechts. Joseph Süß Oppenheimer, die Überlieferung und die Forschung

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liegen die Akten zum Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer, aber auch Unterlagen aus anderen Perspektiven, die für Forschungen zu dem mit ihm verbundenen Geschehen heranzuziehen sind. Sie wurden und werden für Darstellungen von Oppenheimers Leben und Schicksal immer wieder ausgewertet.
In der Veranstaltung soll nach dem Forschungsstand gefragt werden, damit zugleich auch nach Narrativen und Deutungen, die zu verschiedenen Zeiten prägend waren. Dr. Gudrun Emberger richtet hierbei zunächst den Blick auf die Person Joseph Süß Oppenheimer, sein Wirken in Württemberg und den an ihm begangenen Justizmord. Die Überlieferung im Hauptstaatsarchiv und anderen Orts stellt sodann Prof. Dr. Robert Kretzschmar vor, um dazu ein Bild von den Quellen zu vermitteln.

Dr. Michael Kitzing, Singen: Wilhelm Zimmermann als Historiker des Bauernkriegs und Abgeordneter in der Frankfurter Paulskirche

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Der protestantische Pfarrer und Professor für deutsche Literatur und Geschichte am Stuttgarter Polytechnikum, Wilhelm Zimmermann (1807-1878), verfasste die erste Darstellung zur Geschichte des Bauernkriegs. Diese beschränkte sich nicht nur darauf, die Informationen älterer Chroniken zu wiederholen, sondern beanspruchte vielmehr, die Vorgänge der Jahre 1524/25 wissenschaftlich zu analysieren.
Dabei war der Blick Zimmermanns auf den Bauernkrieg freilich durch den Wunsch nach Reformen, ja Veränderungen in seiner eigenen Zeit geprägt. Denn Zimmermann war nicht nur Historiker, sondern zugleich Politiker: Als Abgeordneter des Wahlkreises Schwäbisch-Hall/Crailsheim in der Frankfurter Nationalversammlung hatte er sich zunächst zur konstitutionellen Monarchie bekannt, war dann aber rasch politisch nach links abgewandert. Er schloss sich der Fraktion Donnersberg an und trat als deren Mitglied sowie schließlich im Juni 1849 im Rumpfparlament für die Schaffung einer Republik ein.
Dies hatte in der anschließenden Reaktion Konsequenzen. Zimmermann verlor seine Professur, konnte jedoch wieder in den Pfarrdienst zurückkehren. Politisch ist Zimmermann, der Anfang der 1850er Jahre noch dem Stuttgarter Landtag angehörte, in späterer Zeit nicht mehr hervorgetreten. Gleichwohl entstanden weitere durchaus umfangreiche Geschichtswerke.
Der Vortrag möchte aus Anlass des Doppeljubiläums - 500 Jahre Bauernkrieg, 175 Jahre Revolution von 1848/49 - den Lebensweg und das Geschichtsbild Zimmermanns sowie sein politisches Selbstverständnis vorstellen. Zudem soll Zimmermann als innovativer und bei seinen Schülern überaus beliebter Lehrer porträtiert werden.