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1. Die Anfänge des Württembergischen Altertumsvereins

Der Württembergische Geschichts- und Altertumsverein gehört zu den ältesten deutschen Geschichtsvereinen. In Württemberg sind nur drei regionale Vereine älteren Ursprungs (Rottweil, Ulm und Zabergäu); deutschlandweit gab es um die Mitte des 19. Jahrhunderts allerdings bereits etwa 60 Geschichts- und Altertumsvereine. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von ihnen verdankt ihre Gründung mehr oder weniger dem direkten Eingreifen von monarchischer Seite, da die Landesherren in diesen Vereinigungen eine Möglichkeit sahen, die Geschichtsforschung als Instrumente staatlicher Integration und Identitätsbildung zu benutzen. In Württemberg existierte mit dem „Württembergischen Verein für Vaterlandskunde“ bereits seit 1822 eine historische Vereinigung, die gekennzeichnet war durch die bei den frühen Vereinen typische Staatsnähe. Er sollte das Statistisch-topographische Büro, das jedes Oberamt des Königreichs topographisch und historisch aufarbeiten sollte, mit Sachkenntnis und wissenschaftlichen Beiträgen unterstützen. Als ein elitärer, geschlossener Verein konnte er aber keine Breitenwirkung entfalten.

 

Vor diesem Hintergrund ist die 1843 erfolgte Gründung des Württembergischen Altertumsvereins zu sehen. Ein entscheidendes Motiv war dabei die Bewahrung der materiellen Überreste der Geschichte, das heißt der Erhalt von Denkmälern, die infolge von Unkenntnis oder Missachtung ihrer historischen Bedeutung in ihrem Bestand bedroht waren. Bemerkenswert ist die Liste der Gründungsmitglieder, die den Verein als breit angelegtes gesellschaftliches Bündnis zur Erhaltung landesgeschichtlicher Zeugnisse ausweist. Den Vorsitz übernahm Graf Wilhelm von Württemberg, ein Cousin König Wilhelms I. Mit 33 Jahren war er der jüngste von allen. Er galt als geist- und kenntnisreicher Mann, zu dessen breit gefächerten Interessen neben Geschichte und Archäologie auch Literatur, Malerei, Musik und Naturwissenschaften gehörten. Als Erbauer des Schosses Lichtenstein und ausgeprägter Sammler von Altertümern und Kunstgegenständen war er ein Vertreter der historischen Romantik, als hoher Offizier und späterer Kommandeur der Bundesfestung Ulm war er aber auch ein Mann der Realitäten.

 

König Wilhelm von Württemberg übernahm das Protektorat über den jungen Verein, dessen Mitgliederzahlen rasant anstiegen. 1847 wurde mit 542 Mitgliedern ein vorläufiger Höchststand erreicht. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Vereins lag zunächst entsprechend seines Vereinszwecks auf der denkmalpflegerischen Arbeit. In den ersten 15 Jahren seines Bestehens war der Württembergische Altertumsverein an mehr als 60 Orten tätig, vor allem in Altwürttemberg, aber auch in Hohenlohe und am oberen Neckar. Er rettete Kirchen vor dem Abbruch, finanzierte ihre Restaurierung, ließ Wand- und Deckengemälde wiederherstellen und setzte sich für den Erhalt von Burgruinen ein. Auch an archäologischen Grabungen wirkte der Verein mit, entweder aktiv durch eigenen Grabungen oder passiv durch finanzielle Unterstützung. Besonders spektakulär waren die Ausgrabungen in Oberflacht bei Tuttlingen, wo über 300 Gräber aus der Alemannenzeit entdeckt wurden.

 

Von Anfang an beabsichtigte der Verein, bewegliche Denkmäler nicht nur aufzufinden, sondern auch auf Dauer zu sichern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Durch die eigenen Aktivitäten, durch Schenkungen oder Überlassung von „Altertümern“ entstand rasch eine beachtliche Sammlung mit Münzen und Waffen, Ölgemälden, Altartafeln und Holzskulpturen, Urkunden und frühneuzeitlichen Chroniken. Um 1850 dürfte der Verein über die größte Altertümersammlung in Württemberg verfügt haben, die im Vereinslokal in der Legionskaserne ausgestellt wurde.

 

Zu den nachhaltigen Tätigkeiten des Vereins gehörte auch von Beginn an die Herausgabe von Veröffentlichungen. Die „Jahreshefte“ stellten einem größeren Publikum ausgewählte Denkmäler vor, die von angesehenen Künstlern gezeichnet und als Lithografie oder Kupferstich veröffentlicht wurden. Ab 1850 erschienen zusätzlich die „Schriften“, die über archäologische Ausgabungen berichteten.