Dr. Michael Hoffmann, Ellwangen: Vor 75 Jahren: Als die Bundesrepublik Deutschland im württembergischen Ellwangen entstand – der Ellwanger Kreis der CDU/CSU und das Grundgesetz 1947-1949

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Warum haben die "Bundesländer" so viel Einfluss in unserem Staat, und woher stammt eigentlich die Bezeichnung "Bundesrepublik Deutschland"? Diese und andere Fragen werden in dem mit zeitgenössischen Bildern illustrierten Vortrag aufgegriffen, der sich mit der Entstehung und Bedeutung des sogenannten Ellwanger Kreises der CDU/CSU 1947–1949 beschäftigt. Dieser Freundeskreis, zu dem namhafte Politiker wie der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard, die württembergischen Minister Joseph Beyerle, Gebhard Müller und Wilhelm Simpfendörfer und der badische Minister Heinrich Köhler gehörten, entstand 1947 aus der Bemühung heraus, die verschiedenen Landesparteien der Union auf der Ebene der Besatzungszonen zu koordinieren und eine gemeinsame Verfassungsposition zu erarbeiten. In Konkurrenz mit den anderen Parteien, aber auch mit dem Adenauer-Flügel der CDU der britischen Zone, entstand aus diesem Kreis heraus ein erster stark föderalistisch ausgerichteter Verfassungsentwurf, der – wie gezeigt werden wird – großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Grundgesetzes hatte. – Vortrag in Kooperation mit der Adenauer-Stiftung e.V., Politisches Bildungsforum Baden-Württemberg.

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Prof. Dr. Horst Carl, Gießen: Mittelalterliches Relikt oder zukunftsweisendes Modell? Der Schwäbische Bund als Landesfriedenswahrer im Heiligen Römischen Reich

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Der Schwäbische Bund, 1488 als Zusammenschluss schwäbischer Reichsstände gegründet, wird sicherlich in den Bauernkriegsjubiläen 2025 wieder zu einiger Bekanntheit gelangen, da es vor allem das von ihm organisierte Heer gewesen ist, das den Bauernaufstand in Württemberg und Franken blutig beendete. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, darauf seine geschichtliche Bedeutung einzugrenzen. In den knapp 50 Jahren seines Bestehens bis 1534 hat der Schwäbische Bund die südwestdeutsche Geschichte in vielerlei Hinsicht geprägt; mit seiner Organisation föderativer Landfriedenswahrung hat er aber auch die Umgestaltung des Heiligen Römischen Reiches beschleunigt. Seine landesgeschichtlichen Wirkungen hingegen sind nicht nur wegen Bauernkrieg und Reformation umstritten. Der Vortrag möchte die Bedeutung dieser verfassungsgeschichtlich bedeutendsten Einung der älteren deutschen Geschichte in Erinnerung rufen.

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Dr. Annika Stello, Karlsruhe: Verschlungene Wege – Reuchlins Bücher und ihr Nachleben

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Die Bibliothek des Philologen und Humanisten Johannes Reuchlin war schon zu seinen Lebzeiten berühmt. Insbesondere seine Sammlung griechischer und hebräischer Bücher erregte das Interesse der Gelehrten. Waren bereits die Wege dieser Bücher in Reuchlins Besitz vielfältig und nicht immer geradlinig, so erlebte seine Sammlung in den folgenden Jahrhunderten ein noch bewegteres Schicksal. Wenngleich nicht völlig ungewöhnlich, ist das Nachleben der Reuchlinischen Bibliothek doch erstaunlich gut dokumentiert. So lassen sich die verschlungenen Wege von Reuchlins Quellen über spätere Benutzer bis hin zu heutigen Standorten für die Sammlung, aber auch für einzelne Bücher über 500 Jahre fast vollständig nachzeichnen.
Dr. Annika Stello ist Referentin für Historische Bestände in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.

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Dr. Erwin Frauenknecht, Stuttgart: Schirm, Schutz und Rivalität. Das Kloster Maulbronn, die Pfalzgrafschaft und Württemberg im späten Mittelalter

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Das mächtige Zisterzienserkloster Maulbronn benötigte, wie im Mittelalter üblich, für seine weltlichen Belange einen Vogt. Dieser meist adelige Vertreter sollte für "Schutz und Schirm" sorgen, und häufig wandelte sich die Vogtei zu einem politischen Instrument. Das Kloster Maulbronn geriet im 15. Jahrhundert immer mehr in den spannungsgeladenen Konflikt zwischen der Kurpfalz und der Grafschaft Württemberg. Maulbronn wurde zunehmend Zankapfel zwischen beiden Territorien. Der Vortrag beleuchtet die wechselvolle Rivalität um das Kloster in jener Zeit.

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Fragmentum – Liturgische Musik des Mittelalters auf Einbandfragmenten

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Als durch die Einführung der Reformation viele liturgisch-musikalischen Handschriften in württembergischen Klöstern und Stiften ihre Funktion verloren, wurden sie häufig zerschnitten und wegen des wertvollen Pergaments als Einbände für Amtsbücher weiterverwendet. Fünf Jahre, von 2017 bis 2022, förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Projekt am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Tübingen zur Erschließung solcher Einbandfragmente im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, im Staatsarchiv Ludwigsburg und in der Württembergischen Landesbibliothek. Insgesamt wurden ca. 1.700 Fragmente erstmals systematisch erfasst, erschlossen, digitalisiert und online gestellt. Das Projekt bietet damit neue Erkenntnisse über die bisher nur ansatzweise bekannte mittelalterliche Musikkultur württembergischer Klöster und Stifte.
Bei dem Vortragsabend gibt das Projektteam Einblick in die Arbeitsweise des Projekts und präsentiert besonders interesante Funde. Da die Fragemente ursprünglich zur musikalischen Gestaltung der Liturgie dienten, werden einge davon auch an diesem Abend zum Klingen gebracht.
Ausführende: Prof. Dr. Stefan Morent, Dr. Waltraud Götz, Michael Braunger; als Gast: Samuel Schick M. A.

Dr. Gudrun Emberger, Prof. Dr. Robert Kretzschmar: Zeugnisse des Unrechts. Joseph Süß Oppenheimer, die Überlieferung und die Forschung

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liegen die Akten zum Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer, aber auch Unterlagen aus anderen Perspektiven, die für Forschungen zu dem mit ihm verbundenen Geschehen heranzuziehen sind. Sie wurden und werden für Darstellungen von Oppenheimers Leben und Schicksal immer wieder ausgewertet.
In der Veranstaltung soll nach dem Forschungsstand gefragt werden, damit zugleich auch nach Narrativen und Deutungen, die zu verschiedenen Zeiten prägend waren. Dr. Gudrun Emberger richtet hierbei zunächst den Blick auf die Person Joseph Süß Oppenheimer, sein Wirken in Württemberg und den an ihm begangenen Justizmord. Die Überlieferung im Hauptstaatsarchiv und anderen Orts stellt sodann Prof. Dr. Robert Kretzschmar vor, um dazu ein Bild von den Quellen zu vermitteln.

Dr. Michael Kitzing, Singen: Wilhelm Zimmermann als Historiker des Bauernkriegs und Abgeordneter in der Frankfurter Paulskirche

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Der protestantische Pfarrer und Professor für deutsche Literatur und Geschichte am Stuttgarter Polytechnikum, Wilhelm Zimmermann (1807-1878), verfasste die erste Darstellung zur Geschichte des Bauernkriegs. Diese beschränkte sich nicht nur darauf, die Informationen älterer Chroniken zu wiederholen, sondern beanspruchte vielmehr, die Vorgänge der Jahre 1524/25 wissenschaftlich zu analysieren.
Dabei war der Blick Zimmermanns auf den Bauernkrieg freilich durch den Wunsch nach Reformen, ja Veränderungen in seiner eigenen Zeit geprägt. Denn Zimmermann war nicht nur Historiker, sondern zugleich Politiker: Als Abgeordneter des Wahlkreises Schwäbisch-Hall/Crailsheim in der Frankfurter Nationalversammlung hatte er sich zunächst zur konstitutionellen Monarchie bekannt, war dann aber rasch politisch nach links abgewandert. Er schloss sich der Fraktion Donnersberg an und trat als deren Mitglied sowie schließlich im Juni 1849 im Rumpfparlament für die Schaffung einer Republik ein.
Dies hatte in der anschließenden Reaktion Konsequenzen. Zimmermann verlor seine Professur, konnte jedoch wieder in den Pfarrdienst zurückkehren. Politisch ist Zimmermann, der Anfang der 1850er Jahre noch dem Stuttgarter Landtag angehörte, in späterer Zeit nicht mehr hervorgetreten. Gleichwohl entstanden weitere durchaus umfangreiche Geschichtswerke.
Der Vortrag möchte aus Anlass des Doppeljubiläums - 500 Jahre Bauernkrieg, 175 Jahre Revolution von 1848/49 - den Lebensweg und das Geschichtsbild Zimmermanns sowie sein politisches Selbstverständnis vorstellen. Zudem soll Zimmermann als innovativer und bei seinen Schülern überaus beliebter Lehrer porträtiert werden.

Prof. Dr. Ina Ulrike Paul: Thron und Spott. Die „Geschichte Ali Bahams, Nababs von Grebmettruw“ als Schlüsselroman über das Leben von Herzog Ludwig Eugen von Württemberg (1793-1795)

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Herzog Ludwig Eugen von Württemberg (1793-1795) gehört nicht zu den wohlbekannten Mitgliedern seines Hauses - und ist doch von besonderem Interesse, ob als adliger Offizier mit bewegtem Leben im Ancien Régime oder als Mitglied der Schweizerischen Aufklärung, ob als verfassungstreuer Agnat oder als regierender Fürst im Zeitalter der Französischen Revolution, dessen kleines Territorium schutzlos zwischen den kriegführenden Großmächten Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich lag.

Es war sein Neffe und Nachfolger Friedrich Wilhelm Karl, der damalige Erbprinz und spätere erste König von Württemberg, der mit seiner 1795 vorgeblich in "Tifflis" erschienenen Geschichte Schach Bahams des II." eine Satire auf den Oheim verfasste. Der Schlüsselroman, der nun erstmals in gedruckter Form vorliegt, war für jenen Teil der Hofgesellschaft bestimmt, die sich um ihn als Haupt der Opposition gegen den schwankenden außenpolitischen Kurs des gutwilligen, kaisertreuen, aber auch konfliktscheuen Herzog versammelt hatte. Die "Geschichte Schach Bahams II." stellt ein tendenziös ausgestaltetes Lebensbild des württembergischen Herzogs Ludwig Eugen dar, das vorgestellt und in den historischen Kontext eingeordnet wird.

Prof. Dr. Felix Heinzer: Im Spannungsfeld von Bibel und antikem Bildungserbe – klösterliche Wissenskultur im Spiegel der Reichenauer Handschriften

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Im europäischen Kontext fällt dem mittelalterlichen Mönchtum eine tragende Rolle im Bereich von Bildung und Wissen zu. Dies gilt zumindest bis in die Zeit der im ausgehenden 12. Jahrhundert im städtischen Milieu entstehenden Universitäten. Im Bereich des ehemaligen Herzogtums Schwaben waren hier der Bodenseeraum mit dem Bischofssitz Konstanz und den beiden im frühen 8. Jahrhundert gegründeten Abteien Reichenau und St. Gallen von maßgeblicher Bedeutung.
In diesem Zusammenhang steht der Vortrag von Professor Felix Heinzer. Anlass dazu bietet das 1300-jährige Gründungsjubiläum der Reichenau, das mit einer Großen Landesausstellung in Konstanz und auf der Reichenau selbst gefeiert werden soll.
Die herausragende Stellung des Inselklosters als geistiges und kulturelles Zentrum frühmittelalterlicher Kulturgeschichte ist bis heute an seinen gut erhaltenen Handschriftenbeständen ablesbar. Diese machen allerdings auch deutlich, dass die grundlegende Orientierung monastischer Intellektualität an antiken Wissenstraditionen nicht umsonst zu haben war: Die Ausrichtung auf ein im Kern vorchristliches Erbe ließ sich nicht ohne weiteres vereinbaren mit einer religiösen Lebensführung auf biblischer Grundlage. Diesem komplexen und spannungsreichen Prozess will der Vortrag im Blick auf die Frühzeit der Reichenau und ihrer berühmten Bibliothek nachgehen.

Prof. Dr. Tobias Arand: „Die Amputierten (…) dauerten mich am meisten“ – Der Sanitätsdienst der Württemberger im Krieg 1870/71 am Beispiel der Ludwigsburger Lazarette und des 4. Feldspitals in Noisiel

Auf der Ehrenpforte, die anlässlich des Einzugs der siegreichen Württemberger nach Stuttgart am 29. Juni 1871 errichtet wurde, standen hehre Worte: "Die IHR gerettet Deutschlands Ehre/Geschlagen Frankreichs stolze Heere/Euch Helden von der Marne Strand/ Bringt seinen Dank das Vaterland."
Was beim Triumphzug nicht erwähnt, aber vielen doch bewusst gewesen sein wird, sind die Opfer der Toten und an Körper und Seele Verwundeten von Champigny oder Wörth, die nötig waren, um 'Frankreichs stolze Heere' auch tatsächlich besiegen zu können. Der Vortrag widmet sich in Wort und Bild mit dem Sanitätswesen des Feldzugs von 1870/71 einem wichtigen, doch häufig übersehenen Feld der Militärgeschichtsschreibung.

Dr. Michael Hoffmann, Ellwangen: „Bildung“ oder „Wissen“? 100 Jahre Bildungsgeschichte in Württemberg am Beispiel des Gymnasialseminars Stuttgart

Bildungszentrum Hospitalhof Stuttgart Stuttgart

Für die didaktisch-pädagogische Ausbildung der Gymnasiallehrkräfte in Württemberg wurde in den Jahren 1922-1924 das sogenannte Pädagogische Seminar in Stuttgart eingerichtet. In dessen nun 100-jähriger Geschichte spiegelt sich nicht nur das Auf und Ab der deutschen Geschichte wider, sondern auch das stete Ringen um Bildungskonzepte an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Schule. Der Vortrag beleuchtet die Geschichte des Stuttgarter Seminars als Keimzelle der württembergischen Gymnasiallehrerschaft sowie die unterschiedlichen, aber bis heute teilweise aktuellen Antworten auf die Frage nach dem Wesen von Bildung.

In Kooperation mit dem Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Stuttgart (Gymnasien) und dem Hospitalhof Stuttgart.
https://gym-s.seminare-bw.de/,Lde/Startseite/Fortbildung/Impulse+kontrovers/#bildungsgeschichte

Dr. Stefan Holz, Stuttgart: Flussbau in der Frühen Neuzeit. Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568) und die Schiffbarmachung des Neckars

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Konrad-Adenauer-Straße 4, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland

Seit Jahrhunderten dient der Neckar den Menschen im Südwesten als Energiequelle, Nahrungsmittellieferant und Transportweg. Seine intensive Nutzung ging einher mit weitreichenden Eingriffen in den Flusslauf, allen voran durch die Befestigung der Ufer, die Räumung des Flussbetts sowie den Bau von Schleusen und Wehren. All diese Baumaßnahmen kamen nicht erst mit der Moderne auf, sondern sind bereits in der Vormoderne zu greifen. Der Vortrag behandelt frühe württembergische Pläne zum Ausbau und zur Schiffbarmachung des Neckars unter Herzog Christoph (reg. 1550-1568). Neben den politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründen der Bauprojekte werden besonders die beteiligten Wasserbauexperten und die vorgeschlagenen Techniken in den Blick genommen.